Hafer in der Pferdefütterung

Der Hafer ist eines der klassischen Kraftfutter für Pferde. Trotzdem ist er in den letzte Jahren immer mehr in Verruf geraten und besonders wenn es um eine natürliche Pferdefütterung geht, wird immer mehr auf eine getreidelose Ernährung wert gelegt. Das muss aber nicht immer sein.

Ich empfehle bei der Entscheidung, ob Getreide gefüttert werden soll, oder nicht, immer die Vergangenheit des Pferdes zu berücksichtigen. Wenn euer Pferd aus Deutschland stammt und es selber, seine Mutter und deren Großeltern schon immer Getreide bekommen haben, dann ist die Darmflora entsprechend darauf ausgerichtet. Diesen Pferden macht es, wenn keine Krankheit vorliegt, keinerlei Probleme mit Hafer gefüttert zu werden. Habt ihr aber ein Importpferd, welches selbst vermutlich kein Getreide bekommen hat, dann würde ich zu getreidelosen Alternativen greifen. Im Idealfall könnt ihr über den Verkäufer in Erfahrung bringen, wie die Fütterung in der Aufzucht aussah. Klassische Importrassen, wo solche Probleme auftreten können, sind spanische Pferde, Isländer, Tinker, Connemara und ähnliches. Hier kann alternativ mit Grünhafer gearbeitet werden, dazu wird es aber einen eigene Beitrag geben.

Jetzt aber zu den tollen Inhaltsstoffen und Wirkungen von Hafer:

🌾 Mineralstoffe & Spurenelemente: Hafer ist reich an Kalium, Magesium, Eisen, Calcium, Phosphor, Zink und Selen. Er kann also auch eine hervorragende Mineralergänzung zum normalen Heu sein.

🌾 Essenzielle Aminosäuren wie Tryptophan und Lysin: Besonders Tryptophan hat einen direkten Einfluss auf die Bildung von Serotonin. Bekannt ist meistens, dass ein Mangel an Serotonin Pferde schreckhaft und ängstlich machen kann. Aber auch die Appetitregulierung wird direkt durch das Glückshormon beeinflusst. Deswegen kann eine kleine Dosis Hafer am Tag bei chronischem Heißhunger sehr positiv sein.

🌾Vitamin B6 und B7 (Biotin): Diese wasserlöslichen Vitamine werden normalerweise ausreichend im Dickdarm selber vom Pferd gebildet. Bei Pferden mit Darmproblemen (Kotwasser, Dysbiose, etc.) kann es aber zu Mängeln kommen. Die Fütterung von Hafer kann hier vorbeugend wirken.

🌾 Stärke: Pferde sind nicht auf die Verdauung von Stärke ausgelegt, sodass meist ein großer Anteil davon in den Dickdarm gelangt und dort den pH-Wert stören kann. Eine stark stärkehaltige Fütterung kann daher zu einer Dysbiose im Darm führen. Die Stärke im Hafer jedoch hat Studien nach die besten Verdaulichkeit und wird bis zum 90% bereits im Dünndarm verdaut und nur ein kleiner Rest gelangt in den Dickdarm. Die Belastung für die Darmflora ist also entsprechend gering im Vergleich zu anderen Getreiden.

🌾 Beta-Glucane: Diese Ballaststoff hat die Eigenschaft die Aufnahme von Kohlenhydraten zu verzögern und kann deswegen dazu beitragen, dass der Blutzuckerspiegel bei Haferfütterung trotz des Zuckergehalts nicht drastisch ansteigt. Gleichzeitig kann er helfen den Cholesterinspiegel zu senken. Diese Kombination wirkt sich wiederum auch positiv auf Insulinresistenzen. In Studien am Menschen konnten Diabetiker Typ 2 schon mit einer dreitägigen Haferkur ihren Insulinbedarf um bis zu 42% senken. Und der Effekt hielt auch über mehrere Tage an.

🌾Zucker: Ja, Hafer enthält Zucker. Mit etwa 400 Gramm pro kg sogar sehr viel. Dieser Zucker ist es auch, der den Pferden kurzfristig als Energie zur Verfügung steht. Trotzdem sollte bei Pferden mit starkem Übergewicht oder Glukosestoffwechselstörungen die Fütterung nur stark eingeschränkt oder gar nicht erfolgen (siehe dazu später mehr).

🌾 Mehrfach gesättigte Fettsäuren: Auch Hafer enthält etwa 3-6 % Öl. In diesem Öl sind neben Linolsäure auch Ferulasäure enthalten, welche sonst immer nur dem Reiskeimöl zugeschrieben wird. Diese Fettsäuren wirken sich positiv auf Muskulatur und Leistung aus und kann das körpereigene Hormonsystem unterstützen.

🌾 Calcium-Phosphor Verhältnis: Der Hafer ist in den vergangenen Jahrzehnten extrem in Verruf gekommen, da er das Calcium-Phosphor Verhältnis in der Ration des Pferdes verschieben soll und dadurch die Pferde heiß machen soll (den sticht der Hafer). Hier muss man aber klarstellen, dass dies nur bei einem Einsatz als Ersatz für Raufutter geschieht. In vielen Ställen war lange Zeit drei Mal täglich Hafer, aber nur zwei Mal täglich Heu als Fütterung normal. Wichtig ist immer das Ca:Ph in der Gesamttagesration des Pferdes. Wenn euer Pferd also zum Beispiel 10 kg Heu (sehr Calciumreich) am Tag frisst, dann können bis zu 2 kg Hafer gefüttert werden, ohne das Verhältnis zu verschieben. Bei vielen Freizeitpferden fehlt sogar oft der Phosphor in der Tagesration.

Dosierung:

🐴 Generell sollte eine maximale Dosierung von 500 Gramm pro 100 kg LM laut Literatur nicht überschritten werden.

🐴 Die oben genannten positiven Effekte gibt es aber schon bei viel kleineren Mengen von ca. 50-100 Gramm pro 100 kg Körpergewicht. Diese Dosierung ist auch meine Empfehlung.

🐴 Hafer kann gut auch nur an Arbeitstagen nach dem Training verfüttert werden und an Stehtagen nicht.

🐴 EMS-, Hufrehe- oder andere Pummelpferde können von einer Hand voll Hafer (wörtlich zu nehmen!) täglich sehr profitieren.

🐴 Hafer kann ganz und ungequetscht verfüttert werden. Wichtig ist auf eine gute Qualität zu achten ohne Schimmelbefall. Schwarzhafer ist von den Eigenschaften identisch, nur meist etwas besser zu lagern, weil er resistenter gegen Schimmelbefall ist.

🐴 Bei Pferden mit Magengeschwüren oder Magenschleimhautproblemen, sowie Zahnproblemen, ist auch der Einsatz von Haferflocken möglich.

Risken/Nachteile

⚡ Kein Einsatz bei Glukosestoffwechselstörungen wie PSSM 1.

⚡ Pferde mit getreideloser Vergangenheit sollten darauf verzichten.

⚡ Bei Hufrehe- und EMS Pferde unbedingt die genannte Dosierung beachten!

⚡ Kotwasser- oder Darmproblempferde können auf den Stärkegehalt negativ reagieren, dann bitte absetzten!

Also habt nicht so viel Angst vor dem Hafer. Richtig angewendet kann er den Futterplan eures Pferdes wertvoll bereichern.