Machen wir weiter mit unserem Futtermittellexikon und diesmal wieder mit einem nicht ganz unumstrittenen Futtermittel. Die Weizenkleie war früher traditionell in jedem Mash-Produkt zu finden und auch in der Fütterung von Arbeitspferden sehr geschätzt.
Doch heutzutage werden oft die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, wenn Weizenkleie empfohlen wird. Warum das so ist und warum ich sie für außerordentlich wertvoll halte, darüber möchte ich gerne aufklären.
- Was ist Weizenkleie? Erstmal ist sie ein Nebenprodukt der Getreideindustrie. Nach dem Mahlen wird das Mehl gesiebt und übrig bleiben die festen Bestandteile. Neben der Schale ist das die Aleuronschicht (die Trennhaut zwischen Schale und Mehlkörper) und Keimlinge. Nicht enthalten sind die Spelzen. Diese werden bereits bei der Ernte vom Korn getrennt.
- CA:P Verhältnis? Negativ wird immer als allererstes das Calcium-Phosphor Verhältnis angeführt, weil der hohe Phosphorgehalt einen negativen Einfluss auf die Gesamtbilanz habe. Das ist auch absolut korrekt. Allerdings muss man dazu sagen, dass in der heutigen Pferdefütterung der Überschuss klar im Bereich von Calcium liegt. Wenn euer Pferd nicht kiloweise Getreide bekommt und ausreichend Heu, dann wird sich die Bilanz wahrscheinlich eher zum Positiven verschieben. Das Gerücht der Probleme stammt aus Zeiten, in denen Pferde dreimal täglich Getreide und nur zweimal täglich eine kleine Menge Heu bekommen haben.
- Abführende Wirkung? Ja, Weizenkleie hat eine abführende Wirkung, weswegen sie ja auch genau im Mash eingesetzt wird. Sie kann durch den hohen Rohfasergehalt viel Wasser binden und hat daher eine gute verdauungsfördernde Wirkung. Wenn Weizenkleie vernünftig dosiert wird (Dosierung folgt unten), dann ist der Effekt sehr positiv und sorgt nicht dafür, dass euer Pferd Durchfälle bekommt.
- Eiweiß? Weizenkleie ist ein guter Eiweißlieferant. Deswegen wird häufig empfohlen es nicht für EMS, Hufrehe- oder Pummelpferde einzusetzen. Allerdings enthält Weizenkleie im Vergleich zu Haferkleie deutlich mehr schwer verdauliche Bestandteile und hat daher nicht so einen starken Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. In einer vernünftigen Dosierung ist es daher auch bei solchen Pferden kein Problem.
- Kohlehydrate: Getreide wird ja oft als gefährlich eingestuft, weil es viel Kohlehydrate liefert. Durch den fehlenden Mehlkörper ist die Kleie aber eher sogar sehr zucker- und stärkearm und daher auch für Pferde, die schlecht auf kohlehydratreiche Futtermittel reagieren, sehr gut geeignet.
Aber warum solltet ihr über ein so umstrittenes Futtermittel nachdenken? Weil die Weizenkleie extrem viele positive Eigenschaften hat und eine wahre Nährstoffbombe für unsere Pferde ist.
Inhaltstoffe/ Wirkung:
🌾 Magnesium, Eisen, Zink, Mangan, Selen und Phosphor: Weizenkleie liefert eine Vielzahl an Mengen- und Spurenelemente, die für unsere Pferde sehr wichtig sind. Besonders der Zink- und Selengehalt ist für Pferde mit erhöhtem Bedarf nicht zu verachten.
🌾 Vitamin B1,B2,B3, B5 und B6, sowie Vitamin E und Folsäure: Durch den hohen Gehalt an dieser Vitamine ist die Weizenkleie auch für Pferde mit KPU (Vitamin b
Mangel) und PSSM 2 Pferde aufgrund des Vitamin E Gehaltes interessant.
🌾 Aminosäuren: Weizenkleie enthält 11 Aminosäuren, darunter auch die besonders relevanten essenziellen Aminosäuren Lysin, Methionin und Threonin, die auch das Pferd nicht über die mikrobielle selbst herstellen kann. Daher ist die Weizenkleie auch ein hervorragendes Aufbaufutter für ältere Pferde oder Pferde im Muskelaufbau.
🌾 Ballaststoffe: Wie schon oben beschrieben liefert Weizenkleie einen hohen Rohfaseranteil besonders im Bereich der Hemizellulosen und Cellulose, die somit eine mikrobielle Verdauung im Dickdarm benötigen. Anders als andere Getreide haben wir somit hier nur einen sehr geringen Anteil an notwendiger enzymatischer Verdauung, sodass keine unverdaute Stärke in den Dickdarm gelangen wird.
🌾 Energie: Aufgrund ihres guten Verhältnisses von Eiweißen zu Kohlehydraten ist die Weizenkleie ein Kraftfutter, dass in eine natürlichen Verdauung des Pferdes gut reinpasst. Wenige dünndarmverdauliche Bestandteile beeinflussen nur gering den Blutzuckerspiegel, viele langkettige Eiweiße können im Dickdarm gut aufgeschlossen werden.
🌾 Schleimstoffe: Ähnlich wie Leinsamen bildet die Kleie mit heißem Wasser übergossen wichtige Schleimstoffe, die sowohl die Magen- als auch die Darmschleimhäute schützen und regenerieren können. Daher ist sie auch bei Pferden mit Magengeschwüren oder Magenschleimhautentzündungen eine wertvolle Unterstützung.
🌾 Verdauungsfördernd: Die verdauungsfördernde Wirkung der Weizenkleie kann besonders bei Pferden mit Verstopfungskoliken oder Stresskolikern gut eingesetzt werden. Aber auch Pferden mit Blähungen oder Kotwasser kann die Weizenkleie helfen, wenn die Probleme aus der Verdauung stammen.
Dosierung:
- Weizenkleie kann mit einer Dosierung von 50-100 Gramm pro 100 kg Körpergewicht bedenkenlos auch täglich verfüttert werden.
- Bei massiven Verstopfungsproblemen kann die Dosierung auf bis zu 200 Gramm pro 100 kg erhöht werden, es sollten aber 10% der gefütterten Heumenge nicht dauerhaft überschritten werden, um das CA:P Verhältnis nicht zu stark zu verschieben.
- Bei Hufrehe-Pferden sollte die Dosierung bei 50 Gramm pro 100 kg Körpergewicht belassen werden.
Risiken/Nebenwirkungen:
Bei Pferden mit Glutenunverträglichkeiten sollte Weizenkleie nicht eingesetzt werden