Koprophagie beim Pferd

In den letzten Wochen kommen wieder häufiger die Anfragen, dass das eigene Pferd beim Kotfressen beobachtet wurde. Es gibt viele Gründe, warum ein Pferd die eigenen Äppel oder die eines anderen Pferdes fressen kann, aber besonders jetzt im Winter sind zwei Themen besonders relevant:

Proteinmangel

Wusstest du, dass bei der mikrobiellen Verdauung im Dickdarm auch sogenanntes mikrobielles Eiweiß entsteht? Die Bewohner des Darmmikrobioms, die die Verdauung der Rohfaser übernehmen, produzieren während dieses Vorgangs eigene Eiweiße, also Proteine. Diese werden mit dem Kot ausgeschieden und sind in den Äppeln enthalten. Bei der Beobachtung von Wildpferden hat man festgestellt, dass Pferde besonders in Zeiten von proteinarmem Futter die eigenen Äppel fressen und kam so auf die Idee, dass so das mikrobielle Eiweiß als Proteinquelle genutzt werde.

Um Herauszufinden, ob dein Pferd einen Proteinmangel hat, wäre es zunächst hilfreich eine Heuanalyse zu machen und zu überprüfen, wie die Proteinzufuhr aus dem Heu ist. Sollte das nicht möglich sein, dann schau dir dein Pferd einmal genau an. Hat es in der letzten Zeit Muskulatur verloren, obwohl euer Training eigentlich konstant geblieben ist? Oder wirkt es insgesamt eingefallen? Das sind Hinweise darauf, dass eurem Pferd Proteine fehlen könnte. Du kannst dann versuchen mit einem proteinreicheren Zusatzfutter die Ration zu ergänzen und beobachten, ob das Äppelfressen damit verschwindet.

Unsere Empfehlungen für solche Zusatzfutter sind das EquiGreen Sensitive Protein von cdVet, Proteo oder Hanfkuchen von succi recentis officinalis oder auch das muscleBoost von der Seewinkler Hanferei.

Magenprobleme

Winterzeit bedeutet für viele Pferde auch weniger Platz und Zugang zu Futter. Während im Sommer Sozial- und Futterstress auf großen Wiesen gut aus dem Weg gegangen werden kann, ist auf den kleineren Paddockflächen mit wenigen Fressplätzen das nicht möglich. Dazu kommen immer noch häufig zu lange Fresspausen vom Raufutter. All das sin Auslöser für Reizungen der Magen- und Darmschleimhäute bis hin zu Magengeschwüren. Auch das kann ein Auslöser für Koprophagie sein, da die Pferde versuchen mit den Äppeln den Magen zu füllen und die Magensäure zu puffern.

Hinweise dafür, dass dein Pferd Probleme mit dem Magen haben könnte sind häufiges Gähnen oder Flehmen, Gurtzwang oder Überempfindlichkeit beim Putzen am Bauch, eine hochgezogene Bauchlinie oder auch Rittigkeitsprobleme in den schnelleren Gangarten. Sollte dein Pferd extreme Anzeichen für Schmerzen haben, solltest du auf jeden Fall einen Tierarzt kontaktieren.

Wenn du aber nur leichte Anzeichen findest, dann kannst du versuchen einen natürlichen Magenschutz zu füttern. Unsere Empfehlungen dafür ist der EqzuGreen Magenschutz von cdVet (Magenschutz NP ohne Süßholzwurzel für Rehepferde), das Gastric Relief von Natural Equibalance oder das gastroAkut von Seewinkler Hanferei.

Das Kotfressen sollte innerhalb von 10-14 Tagen verschwinden, da die Produkte ein bisschen Zeit benötigen, die Reizungen zu beruhigen. Solltest du mit einem Magenschutz Erfolg haben, dann vergiss bitte auch nicht nach der Ursache für die Magenprobleme zu suchen und diese bestmöglich abzustellen.

Darmgesundheit

Das Thema Darmmikrobiom gerät auch bei Pferden immer mehr in den Fokus. Wir wissen inzwischen, dass Fohlen in den ersten Lebenswochen die Äppel der Mutter und auch anderer Pferde fressen, um selbst ein stabiles Darmmikrobiom aufzubauen. Dabei scheinen immer noch genug Mikroorganismen das saure Milieu des Magens zu überleben, um sich im Dickdarm anzusiedeln. Diess Verhalten zeigen auch erwachsene Pferde, um Dysbiosen im Darmmikrobiom entgegenzuwirken. Oft wird das nach der Gabe von Antibiotika oder einer Wurmkur von Pferdebesitzern beschrieben.

Wann das Darmmikrobiom des Pferdes „gesund“ ist, ist bis heute für uns ein großes Mysterium. Uns ist ungefähr bekannt, welche Gruppen von Mikroorganismen im Dünn- oder Dickdarm zu finden sein sollten und welche nicht dort hingehören oder Probleme bereiten können. Das Darmmikrobiom ist aber direkt mit der Fütterung des Pferdes verbunden und deswegen auch immer anders zusammen gesetzt. Eine möglichst naturnahe Pferdefütterung ist daher auch meist eine mikrobiomfreundliche Pferdefütterung.

Hinweise auf ein Problem im Darm sind neben dem Kotfressen auch Blähungen, Kotwasser, oder Durchfall. Auch besonders auffällige Äppel im Bereich Geruch (sauer, stark stinkend), Größe oder Struktur können einen Rückschluss auf ein gestörtes Darmmikrobiom zulassen. Manche Pferde zeigen auch eine starke Überempfindlichkeit beim Putzen im hinteren Bauchbereich oder beißen oder kratzen sich selbst auffällig häufig in dem Bereich.

Wenn du den Verdacht hast, dass das Darmmikrobiom deines Pferdes Probleme macht, dann gibt es verschiedene Ansätze zu unterstützen. Das BiomeSupport von Natural Equibalance ist ein Postbiotikum und liefert mit Butyrat den Nährstoff für gesunde Darmschleimhäute und fördert die Ansiedelung passender Mikroorganismen. Der WK-Mix von cdVet ist eine Mischung aus gerbstoff- und bitterstoffreichen Kräutern. Diese sekundären Pflanzenstoffe finden unsere Pferde in der heutigen Fütterung immer weniger. Beides stärkt eine gesunde Verdauung und ein stabiles Darmmikrobiom.
Die Toscana Kräutermischung von PerNaturam enthält ätherische Öle, die unerwünschte Keime und Pilze im Darm verdrängen können und die Produktion gesunder Verdauungssäfte unterstützen.

Auch hier gilt: Sollten sich die Probleme nach 10-14 Tagen einer Unterstützung nicht verbessern, sucht euch am besten Hilfe bei einem erfahrenen Ernährungsberater. Dann sollte die gesamte Fütterung einmal überprüft und angepasst werden.

Soziale Hintergründe

Es gibt auch Pferde, die die Äppel ihrer Konkurrenten fressen oder zum Beispiel die Äppel rossiger Stuten. Es ist bisher noch unklar, warum das gemacht wird. Es wird vermutet, dass ähnlich wie beim Zerscharren oder erneuten drüber äppeln eine Art Dominanz demonstriert werden soll. Das Problem sollte von alleine verschwinden, wenn der hormonelle Zyklus durch oder die Rangordnung in der Herde geklärt ist.

Um zu überprüfen, ob es tatsächlich nur um das eine Pferd geht, kann man die Herde vielleicht einige Tage so trennen, dass das betroffene Pferd nicht mehr mit dem Äppel fressenden Pferd gemeinsam steht. Werden dann plötzlich die Äppel anderer Pferde gefressen, dann kann man diesen Grund eher ausschließen.

Nährstoffmangel

Der Kot von Pferden ist je nach Futtergrundlage meist immer noch reich an Rohfaser, Mineralien und anderen Nährstoffen. Häufig wird Kotfressen gerne direkt mit einem Mineralmangel gleichgesetzt. Der Mangel kann aber im Prinzip jeden Nährstoff betreffen. Besonders wenn das betroffene Pferd das Raufutter nur rationiert  gefüttert bekommt, sollte man als erstes versuchen die Raufutterration zu erhöhen und zu beobachten, ob das Fressen der Äppel damit verschwindet. Pferde benötigen strukturierte Kohlehydrate als Energiegrundlage für den Körper. Wird in der Ration zu wenig Rohfaser gefüttert, können die Pferde versuchen diesen Bedarf über das Fressen der eigenen Äppel oder der Äppel anderer zu decken. Auch ein Mangel an Mineralstoffen kann so ein Verhalten auslösen.

Sollte die größere Menge Raufutter keine Besserung bringen, dann kannst du mit einem natürlichen Mineralfutter versuchen einen erhöhten Mineralbedarf abzufangen. Mit einer natürlichen Unterstützung musst du dir auch keine Sorgen einer Überdosierung machen, da der Pferdekörper die Aufnahme regulieren kann. Unsere Favoriten sind dabei das FleischWolf NATURlich Mineral Basis, das cdVet HuminoMineral oder HuminoMineral NP (ohne Bierhefe) oder das MineralStärke von NaturesBest.

Langeweile

Der letzte Grund für Koprophagie beim Pferd ist simpel, aber leider immer noch oft unerkannt. Pferde haben in der Natur einen strukturierten Tagesablauf. Den größten Teil ihrer Zeit verbringen sie mit der Nahrungssuche und -aufnahme. Dazu gehört auch das Wandern zu Wasserstellen und die Suche nach neuen Fressplätzen. Dazu kommt das Dösen und Schlafen. Und auch das soziale Leben kommt mit Fellpflege, Rangordnung und Spielen nicht zu kurz. Heutige Haltungsformen bieten den Pferden meist nur stundenweise überhaupt das Leben in der Herde auf dem Paddock oder auf der Wiese. Dazu kommt häufig nur wenig und sehr simpel strukturierte Flächen, die keine großen Bewegungsanreize bieten. Oder das Pferd steht in einer Paddockbox alleine und verlässt diese nur zum Training mit dem Menschen. All das kann dazu führen, dass Pferde auch schlichtweg aus Langeweile Äppel fressen. Das gilt übrigens auch dann, wenn das Pferd dauerhaft Zugang zu Raufutter hat. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass Pferde ohne echten Sozialkontakt (nur Kontakt über den Zaun) deutlich weniger Zeit des Tages mit Fressen verbringen, obwohl rund um die Ohr Futter zur freien Verfügung steht. Das Sozialleben eures Pferdes hat also einen direkten Einfluss auf sein Fressverhalten.

Solltet ihr den Verdacht haben, dass euer Pferd aus Langeweile Äppel frisst, solltet ihr versuchen die Haltung zu optimieren und versuchen die natürlichen Bedürfnisse in den Fokus zu rücken.

Ihr seht, Koprophagie beim Pferd kann viele verschiedene Auslöser haben. Man braucht auch nicht sofort Panik bekommen, wenn das eigene Pferd dabei beobachtet wird. Aber ihr solltet das Verhalten beobachten und überprüfen, ob einer der von uns aufgeführten Gründe passen könnte. Und wie immer gilt: Das Zufüttern der hier genannten Produkte ist nicht zwingend die Lösung des Problems. Sucht auch nach Ursachen, die euer Pferd belasten und versucht diese Abzustellen. Denn das Ziel ist immer so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich zufüttern zu müssen!

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