Immer wieder wird auf die extrem gute Thermoregulation von Pferden verwiesen, wenn die Vierbeiner auch bei 35 Grad im Schatten auf die Turnierplätze dieser Welt geschliffen werden. Was dabei oft vergessen wird ist, dass die Regulation zwar wunderbar im Bereich von kälteren Temperaturen funktioniert und auch in der heißen Zeit, jedoch nur dann, wenn das Pferd sich auch so bewegen darf, wie es möchte. Training in der Mittagshitze entspricht keinem natürlichen Verhalten und setzt die Thermoregulation weitestgehend außer Kraft.
Trotzdem ist es nicht notwendig Kühldecken zu kaufen, oder andere spannende Gadgets im Pferdstall zu installieren. Ich möchte euch gerne einmal die wichtigsten Grundregeln mit auf den Weg geben, die eurer Pferd auch an den heißen Sommertagen schützen.
Euer Pferd, Pferd sein lassen: An den heißen Tagen solltet ihr das Training möglichst in die frühen Morgenstunden oder ganz späten Abendstunden (ab 21:00 Uhr) verlegen. Pferde können an heißen Tagen schnell überhitzen, wenn sie in der Mittagshitze oder zu sehr gearbeitet werden. Wenn ihr die Möglichkeit habt, dann setzt über die ganz heißen Tage doch auch einfach mal mit den Training aus, oder macht nur leichte Arbeit am Boden. Euer Pferd wird am besten wissen, was es sich zumuten kann. Auf Turnieren gibt es ja häufig Marscherleichterung für die Reiter, den Pferden bringt das nur leider nichts. Also vielleicht kann ein nicht für Ranglisten, Qualifikationen oder sonst was notwendiger Wettkampf auch einfach geschwänzt werden.
Ich genieße die Zeit mit meinen Pferden gerade meist zwischen 05:00 und 08:00 Uhr. Da sind alle frisch und motiviert.
Nachts raus: Immer noch sehe ich in der prallen Mittagshitze Pferde ihre Zeit auf Sandpaddocks ohne Schatten verweilen. Stellt euch selber mal eine halbe Stunde in den Sand. Der reflektiert die Hitze nämlich ganz wunderbar. Ich weiß, Gewohnheiten zu durchbrechen ist nicht einfach, aber versucht es mal: Stellt die Pferde nachts raus und gönnt ihnen tagsüber den kühlen Stall. Das gleiche gilt natürlich für die Weide, wenn ihr nicht den Luxus einer Wiese mit vielen Schattenplätzen habt. Euere Pferde werden es euch danken.
Ausreichend und frisches Wasser: Der Wasserbedarf eueres Pferdes steigt an solchen Tagen drastisch an. Achtet darauf, dass immer genug Wasser und das möglichst im Schatten vorhanden ist, damit es sich nicht unnötig aufheizt. Flydebricks verhindern zum Beispiel das erwärmen es Wassers und so auch die Algenbildung.
Achtet bitte auch darauf, dass eure Pferde genug trinken. Überhitzte Pferde trinken meist weniger. Eventuell könnt ihr das Wasser mit etwas Tee oder Apfelsaft schmackhafter machen.
Futter: Wenn die Pferde vermehrt schwitzen, müssen sie die verlorenen Salze ausgleichen. Das tun sie zum einen ganz simpel über Heu. Deswegen sollte wie auch sonst durchgehend ausreichend Heu zur Verfügung stehen. Die Pferde regulieren sich meist selber an den heißen Tagen und fressen tagsüber weniger und dafür nachts deutlich mehr. Das kann ich bei meinen Pferden hier immer gut beobachten. Außerdem sollte ein Salzleckstein zur Verfügung stehen, damit eure Pferde sich daran bedienen können.
Senioren: Pferde mit Kreislaufproblemen können für die heißen Tage sehr gut mit Weißdorn unterstützt werden. Die Firma Succi recentis officinalis bietet mit ihrem Courebene eine gute Alternative zu den weitreichend bekannten Crateagus-Tropfen. Beides kann präventiv gegeben werden und im Falle von Problemen in der Dosierung erhöht werden.
Zusatzfutter: Häufig werden jetzt Elektrolyte für Pferde dringend empfohlen. Wenn ihr die obigen Ratschläge berücksichtigt, dann werden eure Pferde gar nicht in einen Zustand kommen, in dem sie extrem schwitzen. Sollte das aufgrund eines Wettbewerbs notwendig sein, dann reichen aber häufig kleine Schmankerl wie eine Banane, ein bisschen Wassermelone oder ganz simpel ein Apfel aus, um eurem Pferd etwas mehr Vitalstoffe zukommen zu lassen. Dafür muss nicht zu teuren Zusatzfuttern gegriffen werden.
Diese Tipps reichen vollkommen aus, um euer Pferd gesund über die heißen Tage zu bringen. Es ist nicht notwendig, das Wasser mit Eiswürfeln zu kühlen, die Pferde drei mal täglich abzuspritzen, ihnen Früchte einzufrieren oder gar spezielles Pferdeeis zur Verfügung zu stellen (kein Witz, bieten ein Hersteller gerade an). Denkt immer daran, dass alle Zwangsmaßnahmen zur Abkühlung, die ihr durchführt, auch negative Auswirkungen haben können. Wenn ihr euren Pferden eine sanfte Nebeldusche anbietet und sie selber entscheiden können, ob sie es nutzen, dann spricht da nichts gegen. Aber seid nicht enttäuscht, wenn sie es nicht tun. Und auch Ventilatoren im Stall sind nicht notwendig. Sie verursachen gerne Augenentzündungen, weil sie den Staub aufwirbeln. Für Pferde mit Atemwegsproblemen kann das auch kontraproduktiv sein.
Wenn ihr mit Ihnen an den See oder Fluss geht, dann lasst sie bestimmen, wie tief sie rein wollen oder ob sie nur planschen möchten. Nur weil ihr jetzt Lust auf schwimmen habt, hat das euer Pferd noch lange nicht… Fenja (Foto) liebt das Schwimmen. Und das bei jeder Temperatur. Aber das ist nicht bei allen Pferden so.
Die Alten und Kranken bedürfen natürlich besonderer Aufmerksamkeit. Aber auch die können gut für sich einschätzen, was sie benötigen. Also gebt ihnen einfach die Chance das zu wählen, was sie wollen. Wenn ihr eher wenig Schattenplätze zur Verfügung habt, dann achtet auf die Rangniedrigen, ob sie auch in den Schatten kommen. Wenn nicht, sollte hier Abhilfe durch eine Trennung der Herde tagsüber geschaffen werden.
Kommt mit euren Pferden gut durch die heißen Tage und genießt es zu beobachten, wie gut sie auf sich aufpassen können!